[WB-06] Sternenmeer-Nomaden
Verfasst: 18. August 2018, 23:35
Es war Nacht und der Mond strahlte auf den Hügel. Ein alter Mann und ein Kind saßen nebeneinander auf der Hügelkuppe.
"Das Sternenmeer ist wunderschön, Großvater."
"Ich weiß." Der alte Mann streckte seinen Arm aus und zeigte auf einen hellen Stern. "Das ist Makuru, der Helle."
"Warum strahlt er heller als die anderen Sterne?"
"Makuru ist einer der Wegweisenden des Sternenmeers. Er, Thebuk, Onam und Kina waren schon immer jene Sterne, die uns und unseren Vorfahren in Zeiten der Not die richtige Richtung unserer Wanderungen wiesen. Sie lehren uns vieles - nicht nur den Weg."
"Nur diese?"
"Nein. Natürlich nicht, mein Kind. Jeder Stern, den du siehst und jeder Stern, den du gerade nicht siehst, hat eine Bedeutung und eine Geschichte."
"Erzählst du sie mir?"
"Gerne. Aber es sind viele. Eben so viele wie es Sterne am Himmel gibt."
"Aber du kennst sie alle?"
"Ja. Sie wurden mir von meinem Großvater erzählt. Und du wirst sie deinen Kindern und Enkeln erzählen."
"Das mach ich." Ein kurzes Zögern des Kindes. "Aber warum hat unserer Volk so viele Geschichten über das Sternenmeer?"
Der alte Mann lächelte.
"Vor sehr langer Zeit lebten die Stämme immer an einem Ort."
"An einem Einzigen?"
"Ja. ... Doch es war nicht gut so. Das Land um sie herum bekam Schaden, weil sie mehr nahmen als sie geben konnten. Sie machten das Land kaputt."
"Aber sie wollten das nicht, oder?"
"Nein, mein Kind. Denn wenn das Land kaputt ist, dann leiden auch die Nenara, die dort leben, darunter."
"Also gingen sie?"
"Ja. Aber sie wussten nicht wo lang sie gehen sollten. Und so kam es, dass sie zum Himmel sahen. Während sie wanderten, wanderten auch die Sterne. Und sie erkannten, dass die Sterne sie führen konnten. Viele Jahrhunderte lernten wir vom Sternenmeer. Wir gaben den Sternen und ihren Formationen Namen. Geschichten, Sagen und Legenden ranken um sie und vereinfachteten es das Wissen über sie an kommende Generationen weiterzugeben."
"Und sie halfen, immer dorthin zu kommen wo man hinwollte?"
"Wer das Sternenmeer kennt, der finden seinen Weg."
"Ich würde gerne noch mehr vom Sternenmeer sehen, Großvater."
"Wie meinst du das, mein Kind?"
"Ich würde gerne in ihm schwimmen. Und sehen was hinter den Sternen ist. Vielleicht noch mehr Sterne und noch mehr Geschichten. Neue Geschichten."
Der alte Mann kicherte.
"Lach mich nicht aus," protestierte das Kind.
"Ich lache dich nicht aus." Er fuhr sanft mit der Hand über den Kopf des Kindes. "Diesen Wunsch haben viele. Und manche träumen sogar davon. Auch ich."
"Du träumst davon im Sternenmeer zu schwimmen?"
"Nicht ganz. In meinem Traum bin ich nicht geschwommen. Ich bin in einer Metallkutsche durch das Sternenmeer gefahren."
Das Kind sah ihn ungläubig an. "Eine Metallkutsche?"
"Eine Metallkutsche," bestätigte der alte Mann und nickte dabei. "Ich weiß nicht was mein Traum bedeutet, aber vielleicht wirst du es herausfinden. Oder einer der vielen Generationen nach dir. ... Ich bin sicher: irgendwann wird jemand diesen Traum wahr werden lassen."
Das Kind sprang auf, breitete seinen Arme gen Himmel aus und rief begeistert: "Dann will ich es sein, der im Sternenmeer fährt."
"Die Sterne werden dir den Weg weisen," antwortete der alte Mann mit einem Schmunzeln.
"Fahre in die Welt hinaus. Sie ist fantastischer als jeder Traum."
- Ray Bradbury
"Das Sternenmeer ist wunderschön, Großvater."
"Ich weiß." Der alte Mann streckte seinen Arm aus und zeigte auf einen hellen Stern. "Das ist Makuru, der Helle."
"Warum strahlt er heller als die anderen Sterne?"
"Makuru ist einer der Wegweisenden des Sternenmeers. Er, Thebuk, Onam und Kina waren schon immer jene Sterne, die uns und unseren Vorfahren in Zeiten der Not die richtige Richtung unserer Wanderungen wiesen. Sie lehren uns vieles - nicht nur den Weg."
"Nur diese?"
"Nein. Natürlich nicht, mein Kind. Jeder Stern, den du siehst und jeder Stern, den du gerade nicht siehst, hat eine Bedeutung und eine Geschichte."
"Erzählst du sie mir?"
"Gerne. Aber es sind viele. Eben so viele wie es Sterne am Himmel gibt."
"Aber du kennst sie alle?"
"Ja. Sie wurden mir von meinem Großvater erzählt. Und du wirst sie deinen Kindern und Enkeln erzählen."
"Das mach ich." Ein kurzes Zögern des Kindes. "Aber warum hat unserer Volk so viele Geschichten über das Sternenmeer?"
Der alte Mann lächelte.
"Vor sehr langer Zeit lebten die Stämme immer an einem Ort."
"An einem Einzigen?"
"Ja. ... Doch es war nicht gut so. Das Land um sie herum bekam Schaden, weil sie mehr nahmen als sie geben konnten. Sie machten das Land kaputt."
"Aber sie wollten das nicht, oder?"
"Nein, mein Kind. Denn wenn das Land kaputt ist, dann leiden auch die Nenara, die dort leben, darunter."
"Also gingen sie?"
"Ja. Aber sie wussten nicht wo lang sie gehen sollten. Und so kam es, dass sie zum Himmel sahen. Während sie wanderten, wanderten auch die Sterne. Und sie erkannten, dass die Sterne sie führen konnten. Viele Jahrhunderte lernten wir vom Sternenmeer. Wir gaben den Sternen und ihren Formationen Namen. Geschichten, Sagen und Legenden ranken um sie und vereinfachteten es das Wissen über sie an kommende Generationen weiterzugeben."
"Und sie halfen, immer dorthin zu kommen wo man hinwollte?"
"Wer das Sternenmeer kennt, der finden seinen Weg."
"Ich würde gerne noch mehr vom Sternenmeer sehen, Großvater."
"Wie meinst du das, mein Kind?"
"Ich würde gerne in ihm schwimmen. Und sehen was hinter den Sternen ist. Vielleicht noch mehr Sterne und noch mehr Geschichten. Neue Geschichten."
Der alte Mann kicherte.
"Lach mich nicht aus," protestierte das Kind.
"Ich lache dich nicht aus." Er fuhr sanft mit der Hand über den Kopf des Kindes. "Diesen Wunsch haben viele. Und manche träumen sogar davon. Auch ich."
"Du träumst davon im Sternenmeer zu schwimmen?"
"Nicht ganz. In meinem Traum bin ich nicht geschwommen. Ich bin in einer Metallkutsche durch das Sternenmeer gefahren."
Das Kind sah ihn ungläubig an. "Eine Metallkutsche?"
"Eine Metallkutsche," bestätigte der alte Mann und nickte dabei. "Ich weiß nicht was mein Traum bedeutet, aber vielleicht wirst du es herausfinden. Oder einer der vielen Generationen nach dir. ... Ich bin sicher: irgendwann wird jemand diesen Traum wahr werden lassen."
Das Kind sprang auf, breitete seinen Arme gen Himmel aus und rief begeistert: "Dann will ich es sein, der im Sternenmeer fährt."
"Die Sterne werden dir den Weg weisen," antwortete der alte Mann mit einem Schmunzeln.
"Fahre in die Welt hinaus. Sie ist fantastischer als jeder Traum."
- Ray Bradbury