Der Zufallsfaktor in Strategiekämpfen

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Waldrobbe

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Der Zufallsfaktor in Strategiekämpfen

Beitrag von Waldrobbe »

Wie wohl alle hier in der Community hier spiele ich gerne (Runden-) Strategiespiele und es gibt eines worüber ich mir hin und wieder Gedanken mache und auch gerne die Meinung anderer hören möchte, die meine Leidenschaft teilen und daher auch wissen wovon ich rede.

Es geht um den Zufallsfaktor in den Strategiespielen, insbesondere natürlich bei den Kämpfen und ich möchte gerne an zwei Beispielen aufzeigen was ich meine. Das eine Spiel ist „XCOM: Enemy Unknown“ das andere „The Banner Saga.“ Ich weiß, dass das Zweite mehr zu den Rollenspielen gezählt wird, jedoch sind die Kämpfe definitiv der Rundenstrategie zu zuordnen. Es sind beides Spiel, die mir viel Spaß gemacht haben und auch immer wieder gerne neu von mir angespielt werden. Nur kommt es mir so vor als habe ich es auf der einen Seite – also bei XCOM - mit „Mensch ärgere dich nicht“ oder „Backgammon“ zu tun und bei The Banner Saga mit „Schach“ oder „Dame“ - um es so auszudrücken.

In The Banner Saga habe ich wirklich das Gefühl strategisch vorgehen zu müssen. Ich muss mir alles gut überlegen, mir genau ansehen was die KI machen kann und wie sie vielleicht reagieren wird. Und wenn es nicht geklappt hat, denn war es auch wirklich mein Fehler. Es gibt (fast) keinen Zufall, nur eine mehr oder weniger gute KI – je nach Schwierigkeitsgrad.

Bei XCOM jedoch ist alles ganz anders. Ich muss natürlich auch mit Bedacht vorgehen und nicht meine Truppen so offen hinstellen, dass ich ihnen direkt eine Zielscheibe auf die Stirn tätowieren könnte. Doch selbst die beste Planung und ein gelungenes Vorgehen sind keine Garant für Erfolg. Die Anzeige sagt: 95% Trefferwahrscheinlichkeit und doch geht alles – grade beim höheren Schwierigkeitsgrad – gerne mal daneben.

Sicher ist es näher am Leben, denn welcher Plan geht schon zu 100% auf. Und solange es sich die Waage hält ist es auch ok für mich und macht auch mit einen Teil des Reizes des Spieles für mich aus. Doch ist es jedes Mal frustrierend, wenn mir trotz aller Strategie nichts gelingt und der KI fast alles.
Regt es nur mich auf wenn der Zufallsgenerator hier mit gezinkten Würfeln spielt? Ich bin mir bewusst, dass es eine gute KI zu programmieren eine Anspruchsvolle Aufgabe ist, nur wird hier, meiner Meinung nach, nicht die KI unbedingt raffinierter, wie in The Banner Saga, sondern sie schummelt einfach besser. Und das nimmt mir denn immer wieder etwas von meinem Spielspaß. Ich komme nicht weiter weil die KI besser war, sondern weil die KI besser gecheatet hat und muss hoffen das ich nächsten Anlauf etwas mehr Glück beim Würfeln habe egal ob ich nun eine bessere Strategie gespielt habe oder nicht.
Ich sehe ich das zu eng, ja vielleicht sogar falsch oder würdet ihr mir zustimmen. Ich danke für eure Geduld beim Lesen und freue mich auf eure Antworten.
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Michael_Minden
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Re: Der Zufallsfaktor in Strategiekämpfen

Beitrag von Michael_Minden »

Hallo und willkommen im Forum (Ich sehe, dies ist dein erster Post) :-D

Hm. Eine gute Frage. Zum Thema Rundenstrategie kann ich nicht so viel sagen, da ich bis auf Valkyria Chronicles nicht mehr viel Rundenstrategie spiele - aber zumindest aus dem Bereich der Echtzeitstrategie kann ich dir da zustimmen. Oft wird der KI - je nach Schwierigkeitsgrad - der eine oder andere Cheat in die Hand gedrückt, um so dem Spieler das eigene Vorgehen schwieriger zu machen.
Ich kann deine Empfindung voll und ganz nachvollziehen und ärgere mich teilweise auch wirklich sehr darüber, vor allem wenn einem damit die Spielerfahrung teilweise vollkommen unmöglich gemacht wird. Bspw bei Company of Heroes (das ich gerne mit der BK-Mod spiele), wenn man sich über die erste Panzerabwehrkanone freut und der Gegner bereits mit 40 Shermans angerollt kommt, obwohl seine Ressourcenlage das gar nicht zulassen dürfte. Oder wenn sein erster Angriff fehlschlägt und er danach erst einmal systematisch Artillerie gegen den Kontrahenten einsetzt, die natürlich (selbstverständlich) mit jedem Schuss trifft und sogar gut ausgehobene Schützengräben mit dem ersten Treffer leerfegt.

Es ist immer dasselbe Vorgehen, nur die Anzahl der Gegner und ihre Hartnäckigkeit und ihr Erfolg wechseln. Kann ich einen Standardgegner noch mit vier Trupps Fallschirmjägern abwehren, weil die einfach nicht getroffen werden und mit einem Schuss einen Gegner erledigen, setzt ein schwieriger Gegner die Trupps bereits recht schnell außer Gefecht. Ein Experte schließlich macht es nicht anders, nur hier sterben meine Fallis bereits, ohne überhaupt einen Schuss abgegeben zu haben.

Dasselbe bei Homeworld 2: Der Gegner kommt mit Jägern, dann mit Bombern, dann Korvetten, dann Fregatten, Zerstörern und schließlich Schlachtkreuzern. Das Vorgehen ist immer gleich, nur die Effektivität der Einheiten wird geändert und dem Spiel des Spielers angepasst. Spielt er mit vielen Jägern, kommen erstaunlich viele Flakfregatten zum Einsatz, spielt er mit Großkampfschiffen, wird die Anzahl der GKS-Killer erhöht.

Aber auch manche Spielentscheidung bei Valkyria Chronicles lässt einen die Stirn runzeln, zum Beispiel wenn ein imperialer Soldat einem flankierend abgefeuerten Scharfschützenschuss ausweicht, wo ich mich immer frage: wie sieht er den?! - er guckt doch ganz woanders hin!

Ich denke ganz einfach, dass die programmierten Algorithmen die Erfolgswahrscheinlichkeit nach Schwierigkeit balancieren, um einem das Spielgefühl zu geben, das dem Faktor LEICHT, STANDARD, SCHWER, etc. entspricht.
Das ist einfach leichter als eine "gute" KI zu programmieren, die auf jeden Zug anders reagiert und sich unvorhersehbar verhält. Letzteres halte ich sowieso für relativ schwierig, denn eine KI, die auf alles dynamisch reagieren kann (und zwar WIRKLICH dynamisch), das geht in den Bereiche "richtiger" Künstlicher Intelligenz, welche eine Spiele-KI zumindest im Augenblick nicht wirklich erreichen kann ... (zumindest ist das der Eindruck, den ich während meiner Spielesessions gewonnen habe. Mag sein, dass andere da einen anderen Eindruck haben).
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Teppic
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Re: Der Zufallsfaktor in Strategiekämpfen

Beitrag von Teppic »

Der Zufallsfaktor in Spielen ist eine sensible Sache.
Man selber ärgert sich maßlos wenn man mit 85% nicht trifft. Wenn die KI mit 85 % nicht trifft,
ist man mitunter erleichtert aber öfter nehmen Spieler es als gegeben hin, also ohne groß
Emotionen zu entwickeln. Bei dem einen Mal ist es ein Unding und bei dem anderen einfach gut und gerecht...

Ähnlich umgekehrt:
Wenn mit nur 15% Chance ein Treffer gelingt, freut man sich sehr, aber sagt, dass war dann gerecht -
gelingt der KI ein Treffer bei nur 15% Wahrscheinlichkeit, hat sie geschummelt...

Diese Erkenntnis hat SidMeier einmal in einem seiner Vorträge schön erklärt (auf einem Youtube-Vid zu sehen),
weswegen man bei firaxis nach Civ4 auf Civ5 dazu übergegangen ist, Instant-Kills durch Einheiten,
die gegeneinander kämpfen, die "frisch" in die Schlacht gehen und auf gleichem Tech-Level sind,
weniger häufig bis gar nicht mehr vorkommen. Das Zufallsmoment ist noch da, aber weniger fatal.
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Vulgor
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Re: Der Zufallsfaktor in Strategiekämpfen

Beitrag von Vulgor »

Also was XCOM betrifft so ist in der Grundversion oder auch Addon das mit der Treffsicherheit sowieso komisch.
Ich hab mal gelesen, das Spiel legt fest wann du verfehlst und wann nicht..ob du jetzt (1-99 %) hast spielt keine Rolle..
Hatte es auch mal getestet, hab mir in ner Mission einfach mal vor nem 95% Schuss nen savegame gemacht und als ich verfehlte immer wieder neu geladen.
Egal wie oft ich neugeladen habe, ich habe nie getroffen :)

Ist zwar auch ne art von "Zufallsfaktor" aber ne ziemlich miese^^, es gibt allerdings mods die das abändern und man nicht gefühlte 9von10 50% Schüssen verfehlt.
JdH
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Re: Der Zufallsfaktor in Strategiekämpfen

Beitrag von JdH »

Vulgor hat geschrieben:Also was XCOM betrifft so ist in der Grundversion oder auch Addon das mit der Treffsicherheit sowieso komisch.
Ich hab mal gelesen, das Spiel legt fest wann du verfehlst und wann nicht..ob du jetzt (1-99 %) hast spielt keine Rolle..
Hatte es auch mal getestet, hab mir in ner Mission einfach mal vor nem 95% Schuss nen savegame gemacht und als ich verfehlte immer wieder neu geladen.
Egal wie oft ich neugeladen habe, ich habe nie getroffen :).
Hört sich für mich eher so an, als würde der Zustand des Zufallsgenerators mitgespeichert. Das ist z.B. sinnvoll um zu verhindern, dass Spieler für einen Schuss neuladen ;-)
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DocRaiden
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Re: Der Zufallsfaktor in Strategiekämpfen

Beitrag von DocRaiden »

JdH hat geschrieben:
Vulgor hat geschrieben:Also was XCOM betrifft so ist in der Grundversion oder auch Addon das mit der Treffsicherheit sowieso komisch.
Ich hab mal gelesen, das Spiel legt fest wann du verfehlst und wann nicht..ob du jetzt (1-99 %) hast spielt keine Rolle..
Hatte es auch mal getestet, hab mir in ner Mission einfach mal vor nem 95% Schuss nen savegame gemacht und als ich verfehlte immer wieder neu geladen.
Egal wie oft ich neugeladen habe, ich habe nie getroffen :).
Hört sich für mich eher so an, als würde der Zustand des Zufallsgenerators mitgespeichert. Das ist z.B. sinnvoll um zu verhindern, dass Spieler für einen Schuss neuladen ;-)
Richtig, genau das soll bei X-COM verhindert werden.

Zum Thema ungerechte KI, bzw. das Empfinden darüber, spielt uns die menschliche Psyche - wenn man so will - einen Streich.
Ist man nämlich nicht gerade Mathematiker und mit der Stochastik (Wahrscheinlichkeitsberechnung) per Du, dann neigen wir nur allzu gerne dazu, besonders hohe Wahrscheinlichkeiten bei Nichteintreffen als ungerecht, cheaten, kann nicht sein, schlechte Programmierung usw. abzustempeln. Wir machen den Fehler, eine Wahrscheinlichkeit zu einem Treffer von beispielsweise 90% mit 100% gleichzusetzen. Korrekt ist aber, dass das für uns negative Ereignis, der Schuss vorbei, immer noch eine Ereignis-Wahrscheinlichkeit von 10% hat....andernfalls müsste von Anbeginn an ja 100% stehen.

Ganz besonders "ungerecht" wird es dann, wenn augenscheinlich "sichere" Ereignisse (zB 90% Eintrittswahrscheinlichkeit) mehrmals hintereinander doch nicht eintreffen. Auch das ist aber im Rahmen der sogenannten Standardabweichung ein völlig normales Ereignis innerhalb der Stochastik.
Auch hier gaukelt uns unser Empfinden vor, die Wahrscheinlichkeit müsste doch ein Gedächtnis haben ... jetzt habe ich dreimal hintereinander mit über 90% Wahrscheinlichkeit nicht getroffen, wenn das jetzt beim vierten Mal nicht klappt, dann stimmt da was nicht. Wir vergessen dabei, dass die Wahrscheinlichkeit kein Gedächtnis hat, sie ist für das jeweilige Ereignis immer gleich wahrscheinlich.

Lange Rede, kurzer Sinn ... die KI, zumindest was den Faktor Zufall anbelangt, dürfte funktionieren. Entscheidend ist, was unsere Wahrnehmung daraus macht.
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writingbull
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Re: Der Zufallsfaktor in Strategiekämpfen

Beitrag von writingbull »

Sehr schön erklärt! Danke. :geek:
JdH hat geschrieben:
Vulgor hat geschrieben:Hatte es auch mal getestet, hab mir in ner Mission einfach mal vor nem 95% Schuss nen savegame gemacht und als ich verfehlte immer wieder neu geladen.
Egal wie oft ich neugeladen habe, ich habe nie getroffen :).
Hört sich für mich eher so an, als würde der Zustand des Zufallsgenerators mitgespeichert. Das ist z.B. sinnvoll um zu verhindern, dass Spieler für einen Schuss neuladen ;-)
Ja, das ist in sehr vielen Rundenstrategiespielen standardmäßig so eingestellt. Oftmals kann man das in den Ingame-Optionen oder in einer ini-Datei deaktivieren.
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Vulgor
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Re: Der Zufallsfaktor in Strategiekämpfen

Beitrag von Vulgor »

Mir ist es bislang nie aufgefallen das der Zufallsfaktor auch in anderen spielen mitgespeichert wird. Aber da ich fast nur Ironman spiele geht das ohnehin an mir vorbei. Mittlerweile spiele ich mit dem Long War mod und habe das Gefühl, das man den Zahlen dort weit mehr vertrauen kann als in der Basic version.
Kann mich natürlich aber auch irren ^^
jamotide
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Re: Der Zufallsfaktor in Strategiekämpfen

Beitrag von jamotide »

Bei Desktop Dungeons gibt es keinen Zufallsfaktor in den Kaempfen, das hat dann zur Folge, dass man den ganzen Kampf und die 3 darauffolgenden (inklusive mehr damage und HP Regeneration durch Levelanstieg) auf den Hitpoint genau vorberechnen kann. Ist auch irgendwie nett, jedenfalls gut ums Kopfrechnen zu trainieren.